http://www.mdr.de/sport/sport-im-osten/ ... il136.htmlMontagsmail Oberwasser in der Oberlausitz
von Ronny Eichhorn
Es ist wunderschön in diesem Ebersbach-Neugersdorf in der Oberlausitz. Erst vor wenigen Wochen genoss ich in Familie die Gastfreundschaft, die Natur, die herrlichen Umgebindehäuser. Ein Traum für Kinder. Und neben den Spreequellen, dem Kaffeemuseum oder einem Waldbad hat diese knapp 13.000 Einwohner zählende Stadt noch etwas Besonderes: den FC Oberlausitz!
Einfache Erfolgsformel
Vragel da Silva
Der neue auf der Bank: Vragel da Silva
Ich liebe sie ja, diese kleinen Vereine, die den "Etablierten" Beine und manchmal auch Angst machen. Zu gern denke ich an die Zeit vor knapp zehn Jahren zurück, als der ZFC Meuselwitz Teams wie den 1. FC Magdeburg, den Halleschen FC oder den FC Carl Zeiss Jena in der damaligen vierten Liga, der Oberliga, das Fürchten lehrte. Das Erfolgsmuster ähnelt sich durchaus. Ein starker Trainer, ein fußballverrückter und "flüssiger" Präsident, ein tolles ehrenamtliches Umfeld und eine optimal zusammengestellte Mannschaft.
Jetzt also dieser FC Oberlausitz. Souverän als Oberliga-Zweiter schaffte er den Sprung in die Regionalliga. Und jetzt sorgen die Neugersdorfer dort für Furore. Nach vier Siegen in Folge sind sie derzeit sogar der erste Verfolger von Primus FSV Zwickau. Auch wenn das alles zunächst nur eine Momentaufnahme ist, so ist die doch erstaunlich, erfreulich für jeden Fan des Amateurfußballs und keineswegs nur glücklich.
Wie machen die das, diese verrückten Oberlausitzer? Wie konnten sie für Aufstiegstrainer Manfred "Manne" Weidner - er schaffte es in drei Jahren von der Sachsenliga in die Regionalliga - Ex-Profi Vragel da Silva nach Neugersdorf locken? Dazu noch einige bekannte Kicker vor allem aus Tschechien?
Grenznähe ist Pluspunkt
Ronny Eichhorn
Die Grenze ist nur einen Steinwurf entfernt, Liberec in einer halben Stunde erreicht. Hier liegt ein Grund für den Erfolg des FCO: Zahlreiche Spieler kickten einst in der 1. tschechischen Liga. Natürlich steht ganz oben Jan Nezmar. Der 37-Jährige spielt immer noch mit, wenn es sein Job als Sportdirektor bei Slovan Liberec zulässt. Zu vier Toren reichte es dennoch. Landsmann Josef Nemec weiß auch, wo das Tor steht, knipste bereits fünf Mal. Im Mittelfeld hält Kapitän Jiri Sisler den Laden zusammen. Und hinten sichert Luboš Loučka ab. Alles alte Hasen. Dazu hat Trainer da Silva junge, hungrige Akteure ohne Starallüren. Die Mischung passt. Der Coach wohl auch: Da Silva, immerhin 14 Jahre in Cottbus, versprach sofort, samt Familie in die schöne Oberlausitz zu ziehen. Das kommt an. Und er hat die Mannschaft taktisch optimal auf diese neue Liga eingestellt. Der FC Oberlausitz spielt defensiver und abwartender als noch in der Oberliga und überrascht die Konkurrenz mit sehenswertem Passspiel. Das geht bisher auf. Ach ja, Filip Kusic, der zuletzt gegen den Berliner AK und bei RB Leipzig II traf, brachte da Silva aus Cottbus mit. Der Mann hat ein Händchen.
Doch der eigentliche Charme dieses Amateurvereins liegt auch in den offensichtlichen Baustellen, die es dort gibt und geben muss. So besitzt der FCO keine Stadionuhr, ist die Anzeigetafel noch richtige Handarbeit. Das stört niemand, wird sicher irgendwann auch noch anders. Zuletzt entstand bereits ein neuer Kunstrasenplatz. Dann wird sicher auch Stadionsprecher Lothar Berndt - er gehört auch zum Präsidium - noch dabei sein. Seit 20 Jahren unterhält er die Fans, in letzter Zeit fast immer mit guter Laune, angesichts der tollen Ergebnisse.
Greift dieser FC Oberlausitz sogar nach den Sternen? Nein, sagt Trainer Vragel da Silva, der weiterhin nur von den für den Klassenerhalt nötigen 40 Punkten spricht. Man habe jetzt die Vorrunde geschafft, so der einstige Eisenfuß von Energie Cottbus mit Blick auf die 20 Zähler auf der Habenseite. Und er hat Recht. Am Ende werden die Neugersdorfer sicher wieder geerdet und sich vielleicht auch etwas weiter hinten wiederfinden. Oder eben auch nicht! Jetzt ist der FCO erst einmal die Nummer eins in der Oberlausitz, was den großen Nachbarn aus Bautzen sicher grämen wird. Wer weiß, manchmal gibt es eben auch im Fußball noch Wunder, zählt nicht nur der Geldbeutel. Zu wünschen wäre es den tapferen Kickern und unverwüstlichen Vereinsmitgliedern in der Spreequellstadt. Alles Gute für die weitere Saison!
Aja, wer verar***t hier eigentlich wen? Von einem Amateureverein zu sprechen, ist angesichts der Möglichkeiten, von denen @ Borstel schon schrieb wohl fehl am Platz